Herr Dr. Armbruster ist Facharzt für Urologie und hat sich in seiner Praxis in Kirchheim unter Teck bei Stuttgart auf die schonende Methode der Non-Skalpell-Vasektomie spezialisiert. Im heutigen Interview sprechen wir mit dem langjährigen Experten über die Sterilisation beim Mann.
Auf die Non Skalpell Vasektomie bin ich eher durch Zufall gestoßen. Ich war in New York, um die mikrochirurgische Refertilisierung zu erlernen. Der damalige Professor fragte mich eher beiläufig, ob ich schon mal von der Non Skalpell Vasektomie gehört hätte und ob ich Interesse hätte, diese zu erlernen. Ich durfte dann bei einer OP zuschauen und war von Anfang an begeistert von dieser für den Mann schonenden und komplikationsarmen OP-Technik.
Seit dem Jahre 2004 biete ich die Vasektomie nun in meiner Praxis an.
In der Regel wird die Vasektomie von einem Urologen durchgeführt. Aber natürlich kann auch jeder andere operativ tätige Arzt diesen Eingriff durchführen.
Die Sterilisation beim Mann ist statistisch gesehen die sicherste Verhütungsmethode. Der komplikationsarme Eingriff dauert nur 10 Minuten und es bleiben keine Folgeerscheinungen zurück: Weder die Erektion noch die Libido (Lust auf Sex) oder der Samenerguss ändern sich. Entscheidend ist allerdings, dass es sich bei dieser Art der Verhütung um eine endgültige Maßnahme handelt.
Bei der Sterilisation werden lediglich die beiden Samenleiter durchtrennt und verschlossen. Der Hormonhaushalt bleibt dabei komplett unbeeinträchtigt. Bei der Kastration hingegen werden beide Hoden komplett entfernt. Folglich wird bei diesen Patienten das männliche Geschlechtshormon Testosteron nicht mehr produziert.
Der Patient kommt zunächst in die Praxis, um alle Einzelheiten zu besprechen. Außerdem wird neben diesem Aufklärungsgespräch eine kurze körperliche Untersuchung durchgeführt. Die OP selbst erfolgt dann an einem separaten Termin. Bei Männern, die von außerhalb zu uns kommen, bieten wir statt eines persönlichen Beratungsgesprächs auch häufig einen Telefontermin als erstes Aufklärungsgespräch an. Allen Männern, die sich für diesen Weg entscheiden, schicken wir zunächst einen Aufklärungsbogen mit der Post zu. Nach Beantwortung der darin enthaltenen Fragen wird der Bogen dann an uns zurückgeschickt. Im Anschluss findet das Beratungsgespräch am Telefon statt.
Die Hoden und die beiden Samenleiter werden kurz abgetastet. Bei unklarem Tastbefund wird eine Ultraschalluntersuchung der Hoden durchgeführt. Weitere Untersuchungen sind nicht erforderlich.
Wenn die Familienplanung sicher abgeschlossen ist, ist die Vasektomie bei jedem Mann die sinnvollste Verhütungsmethode. Bei jüngeren Patienten nehme ich mir allerdings besonders viel Zeit für die Aufklärung und weise nochmals ausdrücklich auf die Endgültigkeit dieser Verhütungsmethode hin.
Männer oder Paare, bei denen die Familienplanung noch nicht endgültig abgeschlossen ist, kommen für die Vasektomie nicht in Frage. Außerdem sollte sich ein Mann nicht gezwungen fühlen oder gar gedrängt werden, diesen Eingriff durchführen zu lassen. Auch bei jüngeren kinderlosen Männern empfehle ich vorab über alternative Verhütungsmethoden nachzudenken.
Bei der Sterilisation unterscheidet man zwischen der Non Skalpell Vasektomie und der konventionellen Art der Vasektomie.
Bei der Non Skalpell Technik wird die Haut am Hodensack an nur einer Stelle punktiert und auf eine Länge von ca. 5mm aufgedehnt. Über diesen einen Zugang werden beide Samenleiter herausmobilisiert, durchtrennt und verschlossen. Eine Hautnaht ist nicht erforderlich. Die Wundfläche ist sehr klein und die Erholungszeit ist sehr kurz, sodass die Männer bereits am Folgetag wieder duschen und ins Büro können. Auf schwere körperliche Tätigkeiten sollte dennoch für ein paar Tage verzichtet werden. Außerdem konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass die Non Skalpell Vasektomie ein 10-fach geringeres Komplikationsrisiko mit sich bringt. Konkret bedeutet das weniger Blutungen, weniger Nachblutungen und weniger Infektionen.
Bei der Vasektomie mit Skalpell wird jeweils links und rechts am Hodensack ein Hautschnitt gesetzt und der Samenleiter freigelegt, durchtrennt und verschlossen.
Außerdem gibt es unterschiedliche Methoden, den Samenleiter zu verschließen: Sie können sich den Samenleiter wie ein Kabel in seiner Hülle vorstellen. Bei der so genannten „open ended“ Technik wird der Samenleiter durchtrennt und der nach oben, also zur Harnröhre hin verlaufende Samenleiter mit Hitze verödet („zugeschweißt“). Die Hülle um den Samenleiter wird dann mit einem kleinen Titanclip verschlossen. Somit ist gewährleistet, dass die beiden Samenleiterenden sich nicht mehr berühren und somit auch nicht mehr zusammenwachsen können. Das untere Samenleiterende bleibt offen. Dieses Verfahren ist besonders schonend für den Hoden und Nebenhoden da es dadurch nicht zu einem Rückstau in den Nebenhoden kommt. Außerdem konnte in Studien gezeigt werden, dass bei Männern, die einen open ended Vasektomie hatten, die Schwangerschaftsraten nach einer erfolgten Refertilisierung höher sind als bei Männern, bei denen beide Samenleiterenden abgebunden wurden. Alternativ zu dieser open enden Version werden die beiden Samenleiterenden, also sowohl das vom Hoden kommende als auch das nach oben zur Harnröhre hin verlaufende Samenleiterende umgeklappt und mit einem Faden abgebunden. Ich selber führe die Non Skalpell Vasektomie durch und verschließe die Samenleiter mit der open ended Technik.
Die Non Skalpell Vasektomie dauert ca. 10 Minuten. Generell wird die Vasektomie in örtlicher Betäubung durchgeführt. Hier verwende ich das schonende Verfahren mit der Mikro Nadel Injektion. Die Haut am Hodensack sowie die beiden darunter verlaufenden Samenleiter werden direkt mit einer winzigen Nadel betäubt. Diese Nadel hat einen Durchmesser von nur 0,3 mm und eine Länge von 1,5 cm. Für den Eingriff werden hierbei nur 2,5ml des örtlichen Betäubungsmittels verwendet. Außerdem kann die OP unmittelbar nach der Verabreichung des Lokalanästhetikums begonnen werden. Alternativ kommt auch eine Vollnarkose in Frage
Die Sterilisation beim Mann ist ein komplikationsarmer Eingriff. Dennoch muss ich meine Patienten über mögliche Blutungen, Nachblutungen und Infektionen sowie über Hoden- und Nebenhodenverletzungen aufklären.
Die Vasektomie ist statistisch gesehen die sicherste Verhütungsmethode.
Die Zuverlässigkeit einer Verhütungsmethode wird mit dem Pearl Index beschrieben. Der Pearl Index gibt an, wie hoch der Anteil sexuell aktiver Frauen ist, die trotz Verwendung einer bestimmten Verhütungsmethode innerhalb eines Jahres schwanger werden. Je niedriger der Pearl-Index ist, desto sicherer ist die Methode. Der Pearl-Index bei einer Vasektomie beträgt 0,1. Das bedeutet, dass bei einem von 1000 Paaren, bei denen der Mann eine Vasektomie hatte, im Verlauf eines Jahres eine unerwünschte Schwangerschaft entsteht. Im Vergleich hat das Kondom einen Pearl-Index zwischen 2 und 15. In seltenen Fällen (< 0,1 %) kann es, auch bei technisch einwandfreier Durchführung des Eingriffes, durch eine spontane Rekanalisation zur unerwünschten neuerlichen Durchgängigkeit der Samenleiter kommen.
In der Regel kommt es nach der OP zu einem Ziehen im Hodenbereich mit Ausstrahlung in die Leistenregion. Diese Beschwerden sind allerdings von kurzer Dauer und verschwinden nach nur wenigen Tagen wieder. Schmerzmittel werden eher selten gebraucht.
Eine Woche nach der OP sollte auf Sport und Geschlechtsverkehr verzichtet werden. Duschen ist bereits wieder am Folgetag möglich. Hautfäden werden in der Regel keine gesetzt.
In sehr seltenen Fällen klagen Patienten nach der Vasektomie über einen dauerhaften Hodenschmerz. Diese Beschwerden können stark belastend sein und Einfluss auf die Lebensqualität des Mannes haben. Die Therapiemöglichkeiten sind eingeschränkt. Oft helfen Schmerzmittel nur vorübergehend oder gar nicht. Die Ursache dieses Schmerzsyndroms ist unklar. Man geht aber inzwischen davon aus, dass es sich zum Großteil um eine psychosomatische Problematik handelt. Oft stellt sich nach einem längeren Gespräch mit dem Patienten heraus, dass sie von vorn herein nicht ganz überzeugt waren, diesen Eingriff durchführen zu lassen. Helfen Medikamente nicht weiter, muss eine Operation in Erwägung gezogen werden. Hierbei werden entweder die Samenleiterenden wieder miteinander verbunden (Refertilisierung) oder der Nebenhoden komplett entfernt.
Bei mir in der Praxis muss der Patient mit Kosten in Höhe von 450 Euro rechnen.
Leider werden die Kosten nur in extremen Ausnahmefällen von der Krankenkasse übernommen. Unter den von mir operierten Patienten ist keiner dabei, bei dem die Krankenkasse die Kosten übernommen hat.
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