Früher galten Schönheitsoperationen als das Tabu-Thema der Gesellschaft. Heute ist das anders - schönheitschirurgische Eingriffe verkaufen sich besser denn je. Im Laufe der letzten Jahre sind Negativ-Berichte weitgehend in den Medien verstummt und es stehen zunehmend nicht mehr nur Risiken und Todesfälle, sondern auch positive OP-Ergebnisse im Vordergrund.
Dr. med. Stefan Zimmermann praktiziert seit vielen Jahren als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Auch er hat diesen Wandel miterlebt. Immer mehr Patienten suchen ihn mit dem Wunsch nach einer Brustvergrößerung, Faltenbehandlung oder Fettabsaugung auf. In der Dresdner Praxisklinik "Ästhetik in Dresden" steht er seinen Patienten als Berater und Chirurg zur Seite. Neben den Standard-Schönheitsoperationen zählen auch Eingriffe im Genitalbereich zu seinem Spezialgebiet.
In diesem Interview mit info Medizin beantwortet Herr Dr. Zimmermann die häufigsten Fragen rund um das Thema Schönheitswahn & OP-Realität.
Ich glaube, dass man diese Frage differenzierter und auch regionaler betrachten muss: In den großen deutschen Städten ist die Nachfrage nach ästhetischen Eingriffen und Behandlungen meines Erachtens nach kontinuierlich gestiegen und befindet sich jetzt auf einem guten Niveau. In den ländlichen Regionen hingegen hing die Nachfrage nach Schönheitsbehandlungen zurück. Vor fünf bis sechs Jahren war das ganze Thema noch recht bedeckt, niemand hat gerne offen zugegeben, dass er sich einem schönheitschirurgischen Eingriff unterziehen möchte oder es bereits getan hat. Hier hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Selbst auf dem Land sind Schönheits-OPs mittlerweile zur Normalität geworden. So wie man zur Kosmetikerin geht, so geht man heute zum Schönheitschirurgen und lässt das verändern, was einen stört und was machbar ist.
Heutzutage weiß jeder - auch durch die Medien und Social Media, - dass die Möglichkeit besteht, sein Wohlbefinden durch gezielte kleine oder auch etwas größere Eingriffe zu verbessern. Im Bewusstsein der Gesellschaft ist somit angekommen, dass Schönheits-OPs auch für "Normalbürger" machbar sind. Wenn man zufrieden mit seinem Körper ist, strahlt man das nach außen aus.
Die Werbung spielt bei diesem Thema eine überaus wichtige Rolle. Es wird einem vermittelt, dass Attraktivität und Erfolg zusammengehören und dass man so viel besser durchs Leben gehen kann. Gleichzeitig werden schönheitschirurgische Eingriffe durch Anzeigen in Zeitschriften oder durch Doku´s im TV beworben und vorgeführt. In den Medien sieht man allerdings immer nur ein gewisses Zeitraster. Die Formate sind kurzweilig ausgelegt, sodass der Heilungsprozess oder die Folgen einer Operation gar nicht richtig dargestellt werden können. Man bekommt lediglich Vorher-Nachher-Bilder präsentiert - und all die Wochen und Monate dazwischen inklusive möglicher Umwege, Nebenwirkungen und Komplikationen bleiben ausgeblendet. Somit sollte all das, was in den Medien gezeigt wird, immer kritisch betrachtet werden.
Ja. Ein klassisches Beispiel ist ein Patient, der an massivem Übergewicht leidet und sich für eine Bauchdeckenstraffung oder eine Brustverkleinerung interessiert. Das Risiko für solch einen Eingriff ist ab einer bestimmten Gewichtsklasse einfach zu hoch. In solchen Situationen muss ich dem Patienten als Arzt erklären, dass er zunächst an Gewicht verlieren muss, bevor er sich einer OP unterziehen kann.
Glücklich sind meine Patienten nach so einer Aussage natürlich nicht. Sie sind schließlich zu mir gekommen, sodass ich Ihnen mit Ihrem Problem helfe. Spreche ich dieses Risiko direkt im Beratungsgespräch an, kommt auch hier bei den meisten die Einsicht. Ich vermute, tief im Innern wissen sie selbst, dass ihr Gewicht eine Hürde für eine OP darstellt.
Das passiert in der Regel leider nicht so häufig, kommt aber vor. Ich musste in einem Fall selbst staunen, denn der Patient hatte sein Problem selbst angepackt und sein Gewicht drastisch reduziert. So konnte ich ihm im Anschluss mit einer OP helfen. Häufig zeigen sich Patienten tatsächlich noch motivierter, wenn ihre Mühe für eine geforderte Gewichtsabnahme mit einer dann in Aussicht gestellten OP belohnt wird.
Ja, das ist richtig. Manche Menschen wählen immer nur den einfachen Weg und sind zudem beratungsresistent. Sie suchen so lange, bis sie jemanden finden, der die OP bei Ihnen durchführt. Und egal wo - vielleicht auch im Ausland - wird es immer jemanden geben, der genau diesen Patienten trotz der Risiken operiert.
Eine Nullsummenrechnung im Bezug auf operative Komplikationen gibt es nicht. Wenn man aber alle Risikofaktoren eines Patienten in der Planungsphase vor einer Operation mit in Betracht zieht und auch deshalb vielleicht Abstand von einer Operation nimmt, kann man das Komplikationsrisiko auf einem sehr niedrigen Niveau halten. Vorausgesetzt, der Operateur weiß, was er macht.
In den letzten Jahren sind einige zumeist jüngere Patienten zu mir in die Sprechstunde gekommen mit der Vorstellung, dass ein Chirurg heutzutage narbenfrei arbeiten kann. Davon sind wir allerdings weit entfernt. Jeder Chirurg hinterlässt seine Spuren - die Narben. In meiner Praxis kläre ich meine Patienten deshalb immer über das mögliche Ausmaß von Narben auf. Das ist wichtig, denn so können sie sich ein besseres Bild davon machen, was sie womöglich erwartet. In der Regel zeige ich Bilder von operierten Patienten und deren Narben. Die Reaktionen darauf sind ganz unterschiedlich - manchen Patienten ist die Narbe egal, andere hingegen haben ein Problem damit. Doch eines ist klar: Narben wird es immer geben, im Verlauf werden sie zwar etwas unauffälliger, aber sie werden nie ganz verschwinden.
Nein, bisher ist das bei mir noch nicht vorgekommen. Wenn man sich die Zeit vor einem Eingriff nimmt und den Patienten umfassend aufklärt, kommt es postoperativ in der Regel zu keinen Problemen. Was allerdings häufiger vorkommt, ist, dass Patienten plötzlich im Vorgespräch merken, dass Ihnen das Ausmaß der Narben und oder der OP Angst machen und sie deshalb von dem Wusch nach einer OP zurücktreten. Das ist mir lieber, als wenn ein Patient sich unter Druck setzt und mit Angst und Selbstzweifel behaftet in eine OP geht.
Ja, aber ganz so einfach ist diese Frage nicht zu beantworten, da unterschiedliche Schönheits-OPs auch unterschiedliche postoperative Schmerzen generieren. Eingriffe an den Augenlidern oder der Nase verursachen z.B. kaum Schmerzen. Bei Fettabsaugungen sind die Schmerzen mit einem Muskelkater zu vergleichen. Es gibt allerdings auch Eingriffe, wie z.B. die Brustvergrößerung, die etwas schmerzhafter sind als andere OPs. Aber hier spielt auch die Veranlagung eine wichtige Rolle. Jeder Mensch hat ein anderes Schmerzempfinden und nimmt somit die möglichen postoperativen Beschwerden auch unterschiedlich war.
In solch einem Fall legen wir dem Patienten natürlich dringend ans Herz, sich wieder mit uns in Verbindung zu setzen und sind für diesen auch immer zu erreichen. Der behandelnde Chirurg kennt sich natürlich immer am besten mit der operierten Region aus und kann deshalb auch die beste Unterstützung für den Patienten leisten. Aus diesem Grund sollte der Operateur meiner Meinung nach postoperativ auch immer gut erreichbar sein, sowohl fernmündlich als auch persönlich.
Klar, das ist eine Notfallsituation! Ich bin ja auch deshalb Arzt geworden. Was viele Patienten allerdings nicht wissen: Die Krankenkasse springt in solchen Fällen für die dann entstehenden Kosten nicht ein. Für Schönheitseingriffe aber, die in Deutschland operiert wurden, kann der Patient eine Art Folgekostenversicherung abschließen, die dann bei Komplikationen nach der Operation die Kosten trägt. Diese Möglichkeit besteht bei Eingriffen im Ausland nicht.
Operationen im Allgemeinen sind technisch sehr genau gegliedert. Das heißt, sie bestehen aus immer gleich ablaufenden Schritten, die man als Operateur beherrschen muss. Der Körper des Patienten ist allerdings immer ein anderer. So kann ein Eingriff, der bei einem Patienten gut funktioniert hat, bei einem anderen ganz anders verlaufen. Als Chirurg muss man deshalb immer in der Lage sein, die OP-Schritte zu modifizieren und an die Gegebenheiten anzupassen. Ich würde also nicht sagen, dass ich bestimmte Operationen immer wieder "stupide", ohne nachzudenken durchführe, vielmehr muss ich immer mit dem notwendigen Respekt bei der Sache bleiben. Zusammengefasst ist eine OP immer wieder eine neue Herausforderung mit einer gewissen Routine.
Das kommt nach meiner Erfahrung eher seltener vor. In der Regel wollen sich Patienten nicht nach einem gewissen Vorbild oder Look "umformen" lassen, sondern haben meistens eine klare Vorstellung davon, was sie an ihrem Körper stört.
So sehe ich es, ja. Vielmehr ist es eher ein Umdenken: Vor 30 Jahren war der Gang zur Kosmetikerin etwas Besonderes, heute ist es der Gang zum Schönheitschirurgen. Von einem "Wahn" kann hier aber nicht gesprochen werden, das Wohlbefinden mit seinem Körper steht im Zentrum.
Hier muss ich zwischen operativen und nicht-operativen Patienten unterscheiden. Das klassische Botox- oder die Hyaluronsäure gehört zu den nicht operativen Behandlungen und hält z.B. in der Regel 5 bis 14 Monate. Da kann es also durchaus vorkommen, dass eine Patientin bei einer nicht operativen Behandlung nach wenigen Monaten erneut zu mir in die Praxis kommt. Bei operativen Behandlungen kommt das weniger vor. Es gibt allerdings immer Patienten, die sich einer Schlupflid-OP oder ähnlichem unterziehen und so zufrieden sind, dass sie sich im Anschluss z.B. für eine Fettabsaugung am Bauch oder der Hüfte entscheiden. Dass dieses Verhalten allerdings in einen "Wahn" ausartet, kenne ich persönlich weniger.
In meiner Praxis betonen wir bereits im ersten Gespräch, dass es ein festes Schema zur Nachsorge gibt, an das sich der Patient halten soll bzw. muss. In der Regel halten sich die Patienten auch daran, da ein bestmögliches Ergebnis in ihrem Interesse ist - und dazu gehört eben auch eine konsequente Nachsorge.
Natürlich bilde ich mich fort. Das ist das A und O im Arztberuf. Man darf nicht stehen bleiben, denn die Entwicklung schreitet immer weiter voran. Ich fahre z.B. zu internationalen Kongressen, Messen und Ausstellungen, um zu sehen, was weltweit auf den Markt kommt. Es gibt immer wieder Neuerungen, sei es im Bereich der Technik, im Bereich der OP-Methoden oder auch im Bereich wissenschaftlicher Untersuchungen. Ich treffe mich z.B. ein bis zwei Mal im Jahr mit anderen Fachärzten der Ästhetischen und Plastischen Chirurgie, um mich auszutauschen, sowohl national als auch international. Bei mir in der Praxis genieße ich außerdem noch ein anderes Privileg: Ich arbeite nicht allein als Arzt in unserer Praxisklinik – wir sind zu dritt -, was dazu führt, dass ich mich jeden Tag fachlich austauschen kann.
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